Zu dem heute vom Kabinett beschlossenen Gesetzesentwurf zur gesetzlichen Tarifeinheit erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte von Bündnis 90/ Die Grünen:
Das Tarifeinheitsgesetz ist ein Angriff auf die im Grundgesetz garantierte Koalitionsfreiheit: Sie gilt für „jedermann und alle Berufe“. Sie schützt Minderheiten vor Mehrheiten. Und alle haben das Recht zu streiken. Die zuletzt vorgenommenen Änderungen an diesem Gesetzesentwurf aus dem Hause Nahles sind nur Kosmetik und haben das Gesetz substanziell nicht verbessert. Unsere grundsätzliche Kritik an der gesetzlich verordneten Tarifeinheit bleibt weiterhin bestehen. Denn mit ihr sollen jetzt allein die Mehrheitsgewerkschaften gestärkt werden.
Wenn die Existenzberechtigung von Gewerkschaften in Frage gestellt wird, dann führt dies zwangsläufig zum Häuserkampf. Denn unweigerlich müssen alle Gewerkschaften versuchen, mächtiger und größer zu werden. Immerhin bekommt der Gewinner am Ende alles, vor allem den gültigen Tarifvertrag. Das wird die Solidarität in den Belegschaften nicht stärken, sondern im Gegenteil die Konkurrenz zwischen den Gewerkschaften und den Kampf um Mitglieder verschärfen. Betriebsfrieden sieht anders aus.
Gleichzeitig birgt der jetzt vom Kabinett verabschiedete Gesetzesentwurf immer noch viele offene Fragen. So ist beispielsweise die Klärung der Mehrheitsverhältnisse in einem Betrieb ein höchst kompliziertes Unterfangen. Im Streitfall werden da künftig Notare bemüht, die prüfen sollen, wie viele Mitglieder eine Gewerkschaft hat. Das bedroht ganz eindeutig das informationelle Selbstbestimmungsrecht von Gewerkschaftsmitglieder. Vor allem müssen am Ende wieder einmal die Gerichte entscheiden, was Recht ist.
Ohne Not wird mit diesem Gesetz in eine gut funktionierende Tariflandschaft eingegriffen. Ohne Not werden die Rechte von Gewerkschaften und Beschäftigte eingeschränkt. Das ist unverantwortlich. Solidarität und Kooperationen lassen sich nicht verordnen und schon gar nicht gesetzlich erzwingen. Vor allem ist das nicht Aufgabe der Politik, sondern Aufgabe der Gewerkschaften.
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