Jahrestagung 2016

Die Jahrestagung von GewerkschaftsGrün war 2016 gut besucht. Die engagierten grünen Gewerkschafter_innen haben in guter Atmosphäre viel und inhaltsstark diskutiert.

Wahlen

Neben vielfältigen Debatten stand auch die Wahl des Sprecher_innen-Teams auf der Tagesordnung. Wolfgang Stather hat nach 20 Jahren nicht mehr kandidiert. GewerkschaftsGrün hat sich für seine tolle langjährige und engagierte Arbeit herzlich bedankt. Er wird dem Sprecher_innen-Team fehlen. Auch Wilke Witte musste leider aus beruflichen Gründen auf eine Kandidatur verzichten. Einstimmig neu gewählt wurden Jochen Berendsohn und Joschua Konrad und Beate Müller-Gemmeke wurde bestätigt.

Das neugewählte Sprecher_innenteam mit dem scheidenden Sprecher Wolfgang Stather (v. l. n. r.: Jochen Berendsohn, Wolfgang Stather, Beate Müller-Gemmeke, Joschua Konrad)

Europa

Die Jahrestagung wurde am Freitag mit dem Besuch von Reinhard Bütikofer, MdEP, Mitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE), eröffnet. Wir konnten damit am Tag nach der Brexit-Entscheidung eine inhaltsstarke Diskussion führen. Bütikofer hat zwei Gründe für die Brexit-Entscheidung angeführt. „Zum einen werden die gesellschaftlichen Spaltungslinien schärfer, die gesellschaftlichen Widersprüche tiefer, die Kräfte des Zusammenhalts schwächer. Immer größere Teile der Gesellschaft in den unteren Regionen des Verteilungsgefüges verlieren de-facto den Kontakt zum gesellschaftlichen Zusammenhang, hören auf als gesellschaftliche Akteure eine Rolle zu spielen, während am oberen Ende der Skala sich eine immer arrogantere Finanzaristokratie aktiv der gesellschaftlichen Verantwortung entzieht. Einfach gesagt: es fällt immer schwerer, die EU zusammenzuhalten, weil es immer schwerer fällt, unsere Gesellschaften zusammenzuhalten. Verschärft wird diese Entwicklung dadurch, dass von außen her, von jenseits der EU-Grenzen, in schneller Folge vielfältige Herausforderungen auf uns zukommen. … Folgte früher eine Krise der anderen so ist heute die Gleichzeitigkeit vieler Krisen der neue Normalzustand. Zusammengenommen bewirken die Herausforderungen …, dass Europa am Ende weniger liefert, als die Bürgerinnen und Bürger erwarten und auch objektiv nötig wäre.“

Rente

Am Samstag hatten wir Markus Kurth, rentenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, zu Gast. Wir haben den Abschluss der Rentenkommission debattiert und danach unsere Forderungen formuliert. Das Rentenniveau muss stabilisiert werden und notwendig sind flexible Übergänge in die Rente. Wir wollen eine Garantierente, um die Menschen vor Altersarmut zu schützen. Die Riester-Rente funktioniert nicht, deshalb sollte sie auslaufen. Vor allem fordern wir eine Bürgerversicherung auch in der Rente.

Steuern

Auch die Debatte zur Steuerpolitik mit Lisa Paus, MdB, Sprecherin für Steuerpolitik war hoch interessant. Die Themen waren ökologische Steuerreform, Steuergerechtigkeit und die Neuordnung der Familienförderung. GewerkschaftsGrün hat sich nach der Debatte für eine Vermögensbesteuerung ausgesprochen. Das Ehegattensplitting soll für Neuehen entfallen. Vor allem aber fordert GewerkschaftsGrün die Einführung einer Kindergrundsicherung, denn Kinder müssen vor Armut geschützt werden und alle Kinder müssen gleich behandelt werden.

Integration

Die Debatte zur Integration von Geflüchteten bereicherte Norbert Hocke, GEW-Hauptvorstand. Alle Geflüchtete haben ein Recht auf Bildung – unabhängig vom Aufenthaltstitel und von ihrer Herkunft, denn nur so erhalten sie Chancen und Perspektiven. GewerkschaftsGrün kritisiert deshalb, dass die Bundesregierung bei Bildungsangeboten und dem Zugang zum Arbeitsmarkt noch immer zwischen Geflüchteten mit „guter bzw. schlechter Bleibeperspektive“ unterscheidet.

Digitalisierung

Zum Thema Arbeit 4.0 machte Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmer_innenrechte, einen Input. Die Digitalisierung wird Jobs kosten, aber es werden auch neue entstehen. Vor allem wird die Digitalisierung die Entgrenzung von Arbeit verschärfen. Die Arbeitswelt wird auch bunter – es wird mehr Solo-Selbstständige geben. Dabei wird das Arbeiten in der Crowd (Plattformen) zu einem besonderen Problem. Darauf sind Antworten notwendig. Beispielsweise brauchen auch Solo-Selbstständige eine bessere soziale Absicherung. GewerkschaftsGrün ist sicher: Die Politik muss die digitale Arbeitswelt gestalten.

Leiharbeit

Beim Bericht aus Berlin ging es vor allem um das geplante Gesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen. GewerkschaftsGrün kritisiert dieses Gesetz, denn es hält nicht, was es verspricht. So kann Equal Pay nach 9 Monate nur als Mogelpackung bezeichnet werden, denn nur rund 10% der Leiharbeitskräfte profitieren davon. Auch die Höchstüberlassungsdauer wurde heftig kritisiert, denn sie ist nicht arbeitsplatzbezogen. In der Folge dürfen Leiharbeitskräfte nur „vorübergehend“ 18 Monate bei ein und demselben Betrieb eingesetzt werden. Die Betriebe aber können Leiharbeit zukünftig „dauerhaft“ nutzen – sie müssen die Leiharbeitskräfte nur immer austauschen. So wird der Missbrauch in der Leiharbeit nicht verhindert, sondern gesetzlich legitimiert. GewerkschaftsGrün lehnt auch die geplante Verzichterklärung bei Werkverträgen ab. Denn die Beschäftigten können nicht mehr auf Schein-Werkvertrag klagen und verlieren damit alle rechtlichen Ansprüche und der Staat die Möglichkeit, Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern. Die Kontrollen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit werden bedeutungslos. Die Rechtsfolgen wirken nicht mehr präventiv. Die Verzichtserklärung muss unbedingt aus dem Gesetzesentwurf gestrichen werden.

Die Jahrestagung 2016 war rundum gelungen. Wir freuen uns auf die Fortsetzung der Diskussionen im nächsten Jahr.

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