Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung hat sich die Erwerbsarmut in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Dazu erklären Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte, und Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Sozialpolitik: Die Arbeitslosigkeit in Deutschland sinkt, aber die Armut von Erwerbstätigen steigt. Es ist völlig inakzeptabel, dass Menschen arbeiten und von dem Lohn, den sie erhalten nicht leben können.
3,6 Millionen Menschen geht es in Deutschland so. Sie sind trotz regelmäßiger Arbeit arm. Paradox daran ist: In unserem Land stieg die Beschäftigungsrate zwischen 2004 und 2014 stärker als in jedem anderen europäischen Land, gleichzeitig verzeichnete Deutschland im Europavergleich den höchsten Zuwachs an Erwerbsarmut. Dass der Anteil derjenigen, die sich arm arbeiten so rasant in den letzten Jahren angestiegen ist, liegt vor allem daran, dass unser Arbeitsmarkt immer stärker dereguliert wurde. Außerdem ist der Druck auf Erwerbslose gewachsen, Stellen anzunehmen, auch wenn sie schlecht bezahlt werden. Und darüber hinaus gibt es immer mehr prekäre Selbständige. Für zu viele Erwerbstätige, insbesondere Alleinerziehende, reicht daher das Einkommen nicht.
So werden aus arbeitslosen Armen erwerbstätige Arme. Das ist nicht hinnehmbar. Wir brauchen endlich wieder gute Arbeit, die es den Beschäftigten ermöglicht, von ihrem Entgelt auskömmlich zu leben. Arbeit muss endlich wieder adäquat bezahlt werden. Für Selbständige brauchen wir Mindesthonorare.
Gleichzeitig zeigt sich, dass die positive wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land in keiner Weise Erwerbsarmut verringert. Im Gegenteil, die Schere zwischen Arm und Reich klafft trotz Wirtschaftswachstum immer weiter auseinander. Dagegen muss die Bundesregierung endlich etwas unternehmen. Indem sie beispielsweise ein Rückkehrrecht auf Vollzeit schafft, damit die Menschen nicht langfristig in Teilzeitjobs oder Minijobs stecken bleiben. Indem sie die sachgrundlose Befristung endlich abschafft. Und indem sie die Leiharbeit reformiert. Wir brauchen dringend soziale Leitplanken auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem dürfen Kinder kein Armutsrisiko sein. Das Grüne Familienbudget mit Kindergrundsicherung und Kindergeld-Bonus würde gerade erwerbstätige Eltern entlasten und vor Armut schützen.
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