T-Mobile US, an der die Deutsche Telekom AG zwei Drittel der Anteile hält, ist gewerkschaftsfeindlich und übt heftig Druck auf die Beschäftigten aus, wenn sie sich gewerkschaftlich organisieren wollen. Der Konzernbetriebsrat hat nun eine Initiative in Lebens gerufen, mit der ein Neutralitätsabkommens gefordert wird. Die Telekom muss aktiv werden. Das unterstützt die Sprecherin von GewerkschaftsGrün, Beate Müller-Gemmeke. Sie war auf der Auftaktveranstaltung mit dabei.
Mein Grußwort:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
als Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte der grünen Bundestagsfraktion, als Sprecherin von GewerkschaftsGrün und als ver.di-Mitglied möchte ich euch heute meine Solidarität und vor allem meine Unterstützung aussprechen für eure Betriebsratsinitiative für Neutralität, Respekt, Fairness und Anstand bei der T-Mobile US.
Es muss Schluss sein mit den Sanktionen, Schikanen und Kündigungen, wenn sich Beschäftigte bei T-Mobile gewerkschaftlich engagieren. Alle Beschäftigten haben Rechte – nicht nur in Deutschland sondern überall auf dieser Welt. Deshalb unterstütze ich euch, ver.di und die amerikanischen Kolleginnen und Kollegen aus vollem Herzen.
Ich unterstütze schon lange die ver.di-Kampagne „We expect better“ nachdem ich erfahren habe, dass bei T-Mobil systematisch Gewerkschaftsrechte missachtet werden und die Beschäftigten sich deshalb nicht organisieren können, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Nach einer Pressemitteilung habe ich dann 2013 auch einen Brief von der Telekom erhalten. Und darin steht – ich zitiere: „Alle Unternehmen der Deutschen Telekom sind jederzeit bereit, mit Gewerkschaften, Betriebsräten … auf der Basis gegenseitigen Vertrauens und Fairness zusammenzuarbeiten, wenn diese von den Beschäftigten legitimiert bzw. auf gesetzlicher Basis etabliert worden sind.“
Nach diesem Brief und weiteren Gesprächen mit Delegationen aus den USA war klar, ich möchte mir vor Ort ein Bild machen und deshalb bin Anfang 2015 mit einer ver.di-Delegation nach New York und Albuquerque gereist. Ja und was ich bei dieser Reise erlebt habe, hat mich fassungslos gemacht.
Vor der Reise hatte ich schon schriftlich beim Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG, Herrn Höttges, um Erlaubnis gebeten, ausgewählte Callcenter besuchen zu dürfen. Die Anfrage wurde an das lokale Management vor Ort weitergeleitet und von dort habe ich schriftlich eine schroffe Ablehnung erhalten. Ich durfte dann tatsächlich die Callcenter nicht betreten und musste das Gelände verlassen und zwar unter Androhung, dass die Polizei gerufen wird.
Fassungslos gemacht, haben mich aber vor allem meine Beobachtungen und die Gespräche mit T-Mobile-Beschäftigten. Sie dürfen sich untereinander nicht über Arbeitsbedingungen austauschen. Sie stehen unter ständiger Beobachtung. Sie dürfen kein Infomaterial von der CWA annehmen. Wenn sie Kontakt zur Gewerkschaft haben, dann drohen Abmahnung, Disziplinierung, Einschüchterung, Kündigung und häufig erhalten sie die Warnung, der Standort werde geschlossen.
Und richtig unter die Haut gingen mir die Gespräche mit Callcenter-Beschäftigten durch den Zaun vor dem Firmengelände – auf das Gelände konnte ich ja nicht. Denn die Beschäftigten waren verunsichert und sie hatten Angst. Sie machten kaum klare Aussagen und nur wenige haben sich getraut, Flugblätter anzunehmen. So viel zu der Aussage „Fairness und gegenseitiges Vertrauen“.
Realität ist vielmehr, dass bei T-Mobile mit harten Bandagen gegen alle gekämpft wird, die sich gewerkschaftlich organisieren wollen und sich für ihre Rechte einsetzen. Bei uns ist das eine Straftat nach dem Betriebsverfassungsgesetz. In den USA juckt das niemanden – auch nicht die Telekom.
Wie kann ein deutscher DAX-Konzern – wie die Telekom – tolerieren, dass in ihrer amerikanischen Gesellschaft Betriebsräte verhindert werden? Dieser Frage muss sich die Telekom stellen.
Und diese Frage stelle ich übrigens auch der Bundesregierung, denn sie ist ja noch immer an der Telekom beteiligt und hat Vertreter im Aufsichtsrat sitzen. Ich habe deshalb auch schriftliche Anfragen an die Bundesregierung gestellt und sie zum Handeln aufgefordert. In ihren Antworten aber übernimmt das Finanzministerium eins zu eins die Position der Deutschen Telekom, die wiederum beim Management der T-Mobile abschreibt. Auch das ist nicht akzeptabel.
Ein großes deutsches Unternehmen hat Vorbildfunktion und das sage ich auch wegen den Entwicklungen hier in Deutschland. Denn auch hier werden die weißen Flecken bei der betrieblichen Mitbestimmung immer größer. Es gibt immer mehr gewerkschaftsfeindliche Unternehmen und betriebsrats-freie Zonen. Auch Arbeitgeber in Deutschland bekämpfen Betriebsräte. Es gibt Rechtsanwälte und Seminare, die Arbeitgeber dabei unterstützen, wie Betriebsräte verhindert und behindert werden können. Auch in Deutschland leiden deshalb Betriebsräte unter Druck, Einschüchterung und Mobbing. Amerikanischen Verhältnisse hier in Deutschland – das ist für mich nicht akzeptabel.
Aber genau dieser Vorbildfunktion wird die Telekom nicht gerecht, denn T-Mobile verstößt ganz klar gegen die Normen und gegen den Geist der ILO und auch gegen die OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen. Und es geht gar nicht, wenn die Missachtung dieser internationalen Normen damit verteidigt wird, dass das jeweilige Recht vor Ort nicht verletzt wird – zumal die Telekom mittlerweile genau weiß, dass Verstöße gegen US-amerikanisches Arbeitsrecht gerichtlich festgestellt wurden.
Gewerkschaftsfeindliche Strategien sind mit nichts zu rechtfertigen. Menschenrechte und Kernarbeitsnormen gelten überall und für alle!
Deshalb ist die Forderung nach einem Neutralitäts- oder Fairness-Abkommen richtig und wichtig. Die Telekom muss weltweit das Recht auf gewerkschaftliche Betätigung anerkennen und durchsetzen und dafür muss sich auch die Bundesregierung stark machen. Denn ein großer deutscher Konzern hat die Verantwortung, dass sich seine Unternehmen auch im Ausland anständig verhalten.
Ich wünsche euch für die Betriebsratsinitiative viel Erfolg. Meine Unterstützung ist euch dabei sicher!
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